Die Anästhesie über den Spinalraum im Rückenmark wurde bereits Ende des 19. Jahrhunderts angewandt, verlor aber dann an Bedeutung. Erst mit der Einführung minimalinvasiver Operationsmethoden und ambulanter operativer Eingriffe erlebte das bewährte Narkoseverfahren ein Comeback und gehört heute zu den am häufigsten angewandten Anästhesiemethoden.
Sie wird unter anderem als Alternative zur Vollnarkose eingesetzt, da sie den Körper deutlich weniger belastet.
Bei welchen Eingriffen kommt eine Spinalanästhesie in Frage?
Eine Spinalanästhesie ist immer dann das Mittel der Wahl, wenn es um größere Operationen oder schmerzhafte Behandlungen im unteren Bereich des Körpers geht. Dabei kann die Betäubung des zu behandelnden Körperteils vom Anästhesisten sehr gut beeinflusst werden.
Er sticht durch die harte Rückenmarkshaut, die Dura mater, ein lokal wirkendes Betäubungsmittel in den freien Liquorraum, in dem das Hirnwasser zirkuliert. Hierzu wird eine sehr feine Nadel verwendet. Eine Verletzungsgefahr besteht für das empfindliche Rückenmark nicht. Da das Rückenmark wesentlich langsamer wächst als die Wirbelsäule und im Erwachsenenalter das Wachstum einstellt, endet es weit oberhalb des genutzten Einstichbereiches. Durch die Injektion von Anästhetika in den Spinalraum wirkt das Injektionsmittel sehr viel schneller als bei der Periduralanästhesie, bei der das Anästhetikum vor der Dura mater platziert wird.
Steuerung der Spinalanästhesie
Das Lokalanästhetikum ist zumeist mit einer Glukoselösung versetzt, sodass das Mittel eine höhere Dichte aufweist als das Hirnwasser. Durch diese höhere Dichte beginnt die Flüssigkeit nach der Injektion im Hirnwasser abzusinken. Wird nun der Patient beispielsweise auf seine rechte Seite gelegt, kommt das Anästhetikum auch auf der rechten Innenseite der Dura mater zum Liegen und betäubt die hier austretenden Nervenstränge, was zur vollständigen Lokalanästhesie der unteren rechten Körperhälfte führt. In diesem Beispiel könnte also der Meniskus am rechten Knie oder ein Wadenbeinbruch rechts schmerzfrei operiert werden. Wird der Patient nach der Injektion sitzend gelagert, bildet sich der sogenannte Sattelblock, durch den Operationen im Genitalbereich oder am After ermöglicht werden.
Nutzen der Spinalanästhesie
Die Methode wird beispielsweise eingesetzt, wenn bei der Geburtshilfe nicht so lange gewartet werden kann, bis eine Periduralanästhesie zu wirken beginnt. Dies gilt auch für unfallchirurgische Eingriffe. Darüber hinaus kommt sie auch bei geplanten Operationen wegen ihrer gut abschätzbaren Wirkungsdauer zum Einsatz und eignet sich zudem als kontinuierliche Anästhesie in der postoperativen Schmerztherapie, bei der sie über einen Dauerkatheter gesteuert wird.
Die Spinalanästhesie ist besonders bei Patienten das Mittel der Wahl, die zu maligner Hyperthermie neigen, an Atemwegserkrankungen leiden, nicht nüchtern sind oder bei denen ein erhöhtes Risiko zu einer Beinvenenthrombose oder einer Lungenembolie besteht. Bei diesen Patienten kann durch die Spinalanästhesie auf eine Vollnarkose verzichtet werden.
Kontraindikationen der Spinalanästhesie
Auf die Anwendung sollte unbedingt verzichtet werden, wenn der Patient diese Methode ablehnt oder bei überängstlichen Patienten.
Die Spinalanästhesie kann ebenfalls nicht eingesetzt werden, wenn eine Allergie oder Unverträglichkeit gegenüber den Anästhetika besteht oder eine Infektion an der Punktionsstelle oder eine körperweite Infektion (Bakteriämie) diagnostiziert wurde. Ein unbehandelter Blutvolumenmangel, ein erhöhter Hirndruck, eine Blutungsneigung, genetisch oder therapeutisch bedingt, und jede Art der Gerinnungshemmung schließen diese Anästhesiemethode ebenfalls aus.
In bestimmten Fällen können darüber hinaus chronische Rückenschmerzen, ein Morbus Bechterew, eine systemische Infektion unter Antibiotika, eine schwere Aortenstenose, andere Herzklappenfehler, die Syringomyelie oder eine pulmonale Hypertonie eine Betäubung mit dieser Methode unmöglich machen. Informieren Sie sich auf dem Gesundheitsportal daher auch über alternative Methoden der Anästhesie.