In unserer Gesellschaft kommt die Bewegung häufig zu kurz. Der Alltag im Büro zwingt uns zu stundenlangem Sitzen. Wenn dies nicht am Abend oder am Wocheneden durch genügend Bewegung ausgeglichen wird, schadet der Bewegungsmangel der Gesundheit. Bewegungsmangel schlägt sich nicht alleine in einer Gewichtszunehme nieder. Auch der Rücken leidet unter zu viel Sitzen und zu wenig körperlicher Aktivität. Inaktive Menschen haben nicht nur vermehrt mit Gewichtsproblemen zu kämpfen, sie sind auch anfälliger für andere Krankheiten, darunter fallen unter anderem Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
PHM – Personal Health Manager
Wissenschaftler haben herausgefunden, dass regelmäßige Bewegung einer Vielzahl von Krankheiten vorbeugen kann und plädieren, für mehr Bewegung im Alltag. An der TU München wurde darauf ein Projekt entwickelt, bei dem ein internetgestütztes Bewegungsprogramm die Probanden zu mehr Aktivität anleiten soll. Das Bewegungsprogramm PHM (Personal Health Manager) wurde im Rahmen des Forschungsprogramms SPRINT entwickelt.
Das Projekt SPRINT ist ein Verbundprojekt des Lehrstuhls für Wirtschaftsinformatik der TU München, des Lehrstuhls für Präventive und Rehabilitative Sportmedizin der TU München und des Center for Leading Innovation and Cooperation (CLIC) der Handelshochschule Leipzig. Finanziert wird das Projekt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung. SPRINT steht für Systematische Integration von Produkt und Dienstleistung in der Gesundheitswirtschaft. Im Fokus des Forschungsprojektes steht die Entwicklung „hybrider Produkte“. In diesen Produkten vereint man Software mit begleitender Dienstleistung, wie im Beispiel PHM.
Feldforschung mit dem PHM-Projekt
Bei Feldtests zum Bewegungsprogramm PHM haben ca. 250 Probanden im Alter von 35 bis 65 Jahren teilgenommen, die bis zu diesem Zeitpunkt keiner aktiven Tätigkeit nachgegangen sind. Jeder Teilnehmer konnte sich für eine Sportart entscheiden, wie beispielsweise Fahrradfahren, Joggen oder Walken. Man hat den Teilnehmern einen Bewegungsplan mit Tipps und Feedback zukommen lassen. Über die PHM-Internetplattform wurden sie angeleitet und betreut.
Allerdings in unterschiedlichem Umfang. In einem Trainingskalender konnten die Teilnehmer ihre Aktivität der Trainingseinheiten dokumentieren und kommentieren. Beobachter/Trainer konnten diese Kommentare einsehen und ebenfalls Kommentare abgeben und ggf. Fragen beantworten. Sie griffen auch ein, wenn das Training vom Plan abweichen sollte oder Unzufriedenheit bei den Probanden auftrat. Der Bewegungsplan wurde in diesem Fall an die Bedürfnisse des Teilnehmers angepasst. Ort und Zeit des Trainings konnte frei gewählt werden.
Beratung auf unterschiedlichem Level
Um die Effektivität verschiedener Beratungsebenen zu testen, hat man vier Beratungslevels kreiert. Im ersten Level haben die Nutzer ein automatisch generiertes Feedback und Tipps erhalten, während man in den anderen Levels aktiv mit den Nutzern Kontakt aufgenommen wurde. So konnten Teilnehmer ihre Fragen und Bemerkungen an die Trainer schicken, woraufhin sie eine persönliche Antwort erhielten. Man konnte sogar telefonische in Kontakt treten und Pläne und Ziele gemeinsam besprechen.
Alltagsaktivität wird gesteigert
Nach Ablauf der sechs Monate haben Wissenschaftler die Intensität, die Dauer und die Häufigkeit der sportlichen Betätigung und der Alltagsaktivität analysiert. Hinzugezogen wurden Daten von Pulsuhren und der Trainer. Das Ergebnis war positiv. Die Aktivität der Teilnehmer hat sich im Durchschnitt gesteigert. Dabei hat nicht nur die sportliche Aktivität zugenommen, auch die alltägliche Bewegung ist in hohem Maße angestiegen. Dabei macht die Alltagsaktivität einen höheren Anteil der Gesamtaktivität aus.
Interessanterweise hat sich nicht nur die Aktivität der Teilnehmer gesteigert, es wurde auch eine Verhaltensveränderung beobachtet. Während die Teilnehmer zu Beginn eher mühsam versucht haben, Patz für die Bewegung im Alltag zu schaffen, haben sie die Aktivität gegen Enden wie selbstverständlich in den Alltag mit eingebaut. Dieses Umdenken geht nicht plötzlich. Die Wissenschaftler konnten einen fünfstufigen Übergang feststellen. Am Ende des Tests stiegen immerhin 35% der Teilnehmer um eine Stufe auf.
Personalisiertes Gesundheitscoaching macht aktiv und ist flexibel für Nutzer und Betreuer
Das Ergebnis hat gezeigt, dass Teilnehmer mit der umfangreichsten Betreuung im Durchschnitt ein höheres Aktivitätsniveau erreichten, als Teilnehmer mit geringerem Servicelevel. Persönliches Feedback wirkt sich also positiv auf das Bewegungsverhalten der Probanden aus. Auch die Abbrecherquote ist in den höheren Beratungsebenen geringer, als in den niedrigeren. Letztendlich haben aber alle Probanden ihre Aktivität signifikant steigern können – selbst ohne persönlichen Kontakt zu den Trainern.
Das PHM-Programm ermöglicht eine flexible Nutzung für sowohl für die Anwender, als auch für die Betreuer. Durch das einfache Zugreifen der Daten die auf der PHM- Internetplattform gespeichert sind, können Betreuer einen großen Kundenkreis effektive betreuen, ohne das die Qualität der Beratung darunter leidet. Besonders interessant ist so ein Programm für Krankenkassen und andere Dienstleiter aus der Gesundheitsbranche, das sie mit diesem System große Teilnehmergruppen zu kostengünstigen Konditionen effektiv beraten können.