Die Geschichte der Ginkgopflanze

Der Ginkgo ist ein wahrer Überlebenskünstler. Er ist sehr weit verbreitet und in vielen Winkeln unserer Erde zu finden. Schauen wir in die großen Städte wie New York oder Tokio, wird der Ginkgo als Straßenbaum eingesetzt. Auch in unserer eigenen Bundeshauptstadt steht der Ginkgo biloba als Straßenbegleitgrün. Das dokumentiert seine Robustheit und Vielseitigkeit.

Bereits 250 Millionen Jahre alt ist dieser Baum und er ist auf allen Kontinenten dieser Erde vertreten. Das Ende der Eiszeit überlebte er als einziges Ginkgogewächs in Südchina. Dort wurde er auch zuerst in der chinesischen Volksmedizin verwendet. Die Blätter und Samen des Ginkgo waren die bevorzugten Pflanzenteile.

Außerdem galt und gilt der Ginkgo als Glücksbringer und ein Symbol für Ying und Yang, das in der chinesischen Philosophie und auch Medizin die feminine und die maskuline Kraft darstellt. Das Blatt, das eine ganz besondere zweilappige Form aufweist, sowie seine Zweihäusigkeit (es gibt weibliche und es gibt männliche Bäume) sorgen für die Sonderstellung, die der Baum bis heute einnimmt. In China wurde er sogar als Tempelbaum gepflanzt und buddhistische Mönche kauten seine Blätter. Sie versprachen sich davon hohes Alter und geistige Fitness.

Samen und Blätter des Ginkgo – einst sogar Zahlungsmittel

Die auffälligen Ginkgo Blätter wurden im elften Jahrhundert sogar als Zahlungsmittel eingesetzt. Die Samen wurden als Geschenk an den chinesischen Kaiser in die damalige Hauptstadt geliefert. Dort fand dann auch die erste Kultivierung und Anbau von Ginkgo Bäumen statt. Als Sinnbild für ein langes Leben erfährt dieser Baum bis heute große Wertschätzung in den chinesischen Kulturkreisen.

Von seinem Hauptanbaugebiet aus breitete sich der Ginkgo nach Courier aus und wanderte als Tempelbaum bis nach Japan. Der damalige Name „Gin Kyo“ hieß soviel wie Silberfrucht, abgeleitet aus „Gin“ = Silber und „Kyo“ = Frucht. Übrigens sind Ginkgo Samen auch heute noch in Japan und China ein hochwertiges und beliebtes Nahrungsmittel.

Der Weg des Ginkgo von Asien nach Europa

Erst Ende des 17. Jahrhunderts entdeckte ein deutscher Arzt (Engelbert Kaempfer) den Ginkgo Baum für die westliche Welt. Er bereiste zwei Jahre den asiatischen Raum und beschrieb die Pflanze in seinem Werk „Amoenitatum exotiarum“. Damals waren Ärzte nämlich auch Botaniker und Engelbert Kaempfer erforschte diese Pflanze besonders intensiv.

Allerdings machte er einen Schreibfehler, der gravierende Folgen hatte. Statt „Ginkyo“ schrieb er „Ginkgo“. Der Evolutionsforscher Carl von Linné übernahm den Nahmen in die Klassifizierung und als der Fehler später auffiel, hatte der Ginkgo biloba schon einen festen Platz in der Pflanzensystematik. Die bürokratischen Mühlen verboten die nachträgliche Korrektur und so blieb es bei dem heute bekannten Namen Ginkgo.

Der Samen allerdings kam nicht mit Engelbert Kämpfer nach Europa, sondern unter mysteriösen Umständen auf dem Schmuggelweg. Der allererste Baum in Europa wurde vermutlich im Jahr 1750 in Frankfurt gepflanzt. Mit Blick auf diesen Baum schrieb Johann Wolfgang von Goethe 1815 das Gedicht „Ginkgo biloba“ und widmete es seiner Geliebten Marianne.

Damit hielt der Baum unauslöschlich Einzug in die europäische Kunst-, Literatur- und Kulturszene. Zu Goethes Zeiten war der Ginkgo biloba eine Pflanzenrarität. Doch innerhalb von knapp 100 Jahren schaffte er es in die Liga der beliebtesten Park- und Alleebäume. In Deutschland sind das Schloss Belvedere in Weimar und der Bergpark auf der Wilhelmshöhe in Kassel eine Visitenkarte für den gezielten Einsatz von robusten Ginkgo Bäumen.

Der Ginkgo trotzt Hiroshima

Die Robustheit und absolute Kämpfernatur des Ginkgo zeigte sich auch in sehr eindrucksvoller Form, kurz nachdem die Atombombe in Hiroshima einschlug. Nur ein Jahr danach, nämlich im Frühjahr des Jahres 1946, trieb ein Ginkgo Baum unmittelbar im Krisenherd aus. Er wuchs aus einem verkohlten Baumstumpf neben einem total zerstörten Tempel. Er streckte das erste zarte Grün ans Sonnenlicht und wurde zum Symbol für Leben und Hoffnung.

Auch heute ist das Ginkgo Blatt das Wahrzeichen von Tokio und es ziert eine ganze Reihe japanischer Firmenwappen. Auch die Goethestadt Weimar misst dem Ginkgo besondere Bedeutung bei. Weimar hat ein ganzes Ginkgo-Museum ins Leben gerufen, in dem es umfangreiche Informationen, Fotos und Produkte gibt, die in irgendeiner Art und Weise mit diesem einzigartigen Baum in Verbindung stehen.

Japan hat aktuell sogar einen neuen Namen für den Ginkgo erfunden. Er lautet „Icho“, was so viel wie Entenfuß heißt. Der Ginkgo hat seine Wurzeln im Mesozoikum und beeinflusst bis heute Kultur, Literatur, Kunst, Glaube und Alltag – damit ist er aus der Gegenwart nicht mehr wegzudenken.