Was sind Amputations- und Phantomschmerzen?

Wenn ein Körperteil zwangsweise durch einen operativen Eingriff entfernt werden musste, klagt der Patient oft kurze oder lange Zeit später über Amputationsschmerzen. In manchen Fällen ist die Amputation die einzige Möglichkeit, das Leben der betreffenden Person zu retten. Natürlich ist es besser, einen Körperteil zu verlieren als zu sterben.

Archäologen haben bereits Mumien gefunden, denen bestimmte Körperteile amputiert wurden. Damals geschah dies selbstverständlich unter ganz anderen medizinischen Bedingungen, und die Gefahr bei einem solchen Eingriff zu sterben, war weitaus höher als es heute der Fall ist. Den Mumienfunden zufolge war die Amputation bereits vor 3.000 Jahren in Ägypten bekannt. Seit dem 18. Jahrhundert konnten deutliche Fortschritte in der Entwicklung innovativer Techniken zur Stillung der Blutungen verzeichnet werden. Dadurch wurde die Chance einen derartig riskanten Eingriff zu überleben, deutlich erhöht.

Früher war eine Amputation für den Betroffenen mit unerträglichen Schmerzen verbunden. Narkose war in früheren Zeit noch ein Fremdwort. Schwere Infektionen und Verletzungen waren die häufigsten Gründen, ein Körperteil zu entfernen.

Heutzutage haben sich die Ursachen für eine Amputation stark verändert. Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) oder Arteriosklerose (Arterienverkalkungen) sind in der heutigen Zeit der Hauptgrund für eine Amputation. Manchmal können aber auch Krebserkrankungen oder Verletzungen die Entfernung bestimmter Körperteile notwendig machen.

Auch wenn die Überlebenswahrscheinlichkeit extrem angestiegen ist, bleibt die enorm hohe psychische Belastung für den Patienten nach dem Eingriff. Der eventuelle Amputationsschmerz ist natürlich ebenfalls Grund für die Angst vor einem solchen Eingriff.

Der Amputationsschmerz ist vielseitig ausgeprägt

Bei Amputationsschmerzen wird zwischen zwei verschiedenen Varianten unterschieden:

Phantomschmerzen

Zum einen gibt es die Phantomschmerzen, zum anderen Stumpfschmerzen. Die so genannten Phantomschmerzen nimmt man im nicht mehr vorhandenen Körperteil wahr. Der Schmerz wird in diesem Fall also außerhalb des Körpers lokalisiert. In mehr als 50 Prozent der Fälle tritt ein solcher Phantomschmerz auf. Diese Art von Amputationsschmerz kann nicht nur bei der Amputation von Gliedmaßen, sondern beispielsweise auch bei der Entfernung der Zunge, Nase oder Brust empfunden werden.

Außerdem gibt es die Phantomempfindungen, die nicht schmerzhaft sind. Dieser Begriff beinhaltet sämtliche Empfindungen im, scheinbar vorhandenen, amputierten Körperteil. Temperatur- oder Berührungsempfindungen sind als Phantomempfindung deshalb relativ normal. Bei der Entstehung der Phantomschmerzen streiten sich die Fachleute noch heute. Durch zahlreiche Untersuchungen wird immer noch versucht, die Ursache der Schmerzen ausfindig zu machen.

Während einer Therapie wird zuerst die auslösende Ursache gesucht, um diese im Anschluss entsprechend zu behandeln. Wenn ein Körperteil entfernt wird, findet keine Weiterleitung von Empfindungen im jeweiligen Glied mehr statt. Das Reizmuster wird dadurch verändert. Dies Reizmuster gelangt über das Rückenmark in das Gehirn. Erklärt wird das Auftreten der Phantomschmerzen mit den verschiedensten Theorien, bewiesen ist bisher aber noch keine. Eine zum Beispiel besagt, dass das Areal der Gehirnrinde, das für die Wahrnehmung von verschiedenen Empfindungen im entfernten Körperteil zuständig war, neue Funktionen übernehmen kann. Umso höher die Umverteilung, desto höher der Schmerz für den Patienten. Das konnte in mehreren Studien nachgewiesen werden. Mit regelmäßigen Reizimpulsen am Amputationsstumpf können die Schmerzen gelindert werden. Auch peripherphysiologische Veränderungen, also verringerte Durchblutung im Stumpf oder erhöhte Muskelspannung, können Grund für diese Art von Amputationsschmerz sein.

Stumpfschmerzen

Bei den Stumpfschmerzen tut es dem jeweiligen Patienten direkt am Amputationsstumpf weh. Es werden je nach Verlauf chronische und akute Stumpfschmerzen unterschieden. Hauptverantwortlich für Stumpfschmerzen sind meist Neurome (ungerichtete Nervenneubildungen, gutartige Knotenbildung). Manchmal sind aber auch Durchblutungsstörungen, unsachgerecht angebrachte Prothesen oder Narbenschmerzen Grund für die Schmerzen am Amputationsstumpf. In den meisten Fällen treten Stumpfschmerzen unmittelbar nach der Amputation auf. Häufig hat der Patient nur über relativ kurze Zeit starke Schmerzen. Vor allem der postoperative Wundschmerz ist eine Ursache hierfür.

Der postoperative Wundschmerz ist entweder ein Bluterguss oder eine Infektion. In diesem Zusammenhang ganz wichtig sind auch die so genannten Amputations-Neurone. Wenn ein peripherer Nerv durchtrennt wird, wird vom freien Ende innerhalb kurzer Zeit eine neue Anschlussstelle gesucht. Wenn diese Anschlussstelle nach der Entfernung eines Körperteils nicht gefunden werden kann, sprießen Nervenfasern ziellos aus. Die Folge: Es entstehen Neurone. Diese sind häufig für die heftigen Schmerzen verantwortlich. Eine leichte Berührung kann bei manchen Patienten schon zu extremen Schmerzen führen.

Symptome für Amputationsschmerz nach einer OP

Für Amputationsschmerz gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Symptome. Bei den Phantomschmerzen können Symptome gleich nach dem Eingriff oder erst Tage, Wochen, Monate oder sogar erst Jahre später erkennbar sein. In den meisten Fällen werden wiederholte Schmerzattacken beschrieben. Eher seltener kommt es zu dauerhaften Schmerzattacken. Nach Angaben der Betroffenen handelt es sich dabei um einen recht außergewöhnlichen Schmerz. Es ist ein stechendes, brennendes und schneidendes Gefühl.

Ganz anders bei den Stumpfschmerzen. Normalerweise sind diese sehr gut lokalisierbar. Wie sich die Schmerzen anfühlen, ist bei den Stumpfschmerzen von der Ursache abhängig. Es kann beispielsweise zu einem elektrisierenden, brennenden Gefühl kommen. Es wird grob zwischen einem über einen längeren Zeitraum anhaltenden Schmerz und einer einmaligen Schmerzattacke unterschieden.

Um Stumpfschmerzen diagnostizieren zu können, muss der Patient umfassend befragt werden. Zu den Standardfragen gehören die Fragen nach Intensität, Dauer und Stärke der Schmerzen genauso wie die nach dem Charakter und der Lokalisation. Häufig wird vom Arzt vorgeschlagen, ein so genanntes Schmerztagebuch zu führen. Dort werden täglich alle Informationen zum Schmerz möglichst detailliert aufgeschrieben. Dadurch kann der Arzt leichter feststellen, ob es sich tatsächlich um Stumpfschmerz handelt. Bei einer anschließenden Untersuchung des gesamten Körpers können zum Beispiel Narbenzüge, Entzündungen, Durchblutungsstörungen und Verhärtungen festgestellt werden.

Bei den Phantomschmerzen berichtet der Betroffene über die Schmerzen. Ebenfalls muss der Patient umfassend untersucht werden, um sicher zu stellen, dass keine krankhafte Veränderung vorliegt. Damit sind alle Ursachen für Stumpfschmerzen gemeint.

Wie sich eine Therapie genau gestaltet, hängt hauptsächlich von der Dauer und Intensität der Schmerzen ab. Stärkere Schmerzattacken werden häufig mit Opiaten wie zum Beispiel Morphin behandelt. Treten die Schmerzen häufiger auf, können diese mit einigen Medikamenten über einen längeren Zeitraum therapiert werden. Je nachdem, wie die Medikamente auf den jeweiligen Patienten wirken, wird ein individuelles fixes Schema erstellt. Oftmals ist auch eine Kombinationstherapie möglich. Diese besteht neben mehreren verschiedenen Medikamenten aus physikalischen Behandlungen. Selbstverständlich müssen sämtliche Medikamente von Ärzten verschrieben werden und keinerlei Schmerzmittel oder Ähnliches darf ohne vorherige Empfehlung des Arztes gekauft werden. Bei Interesse kann auch mit der Schmerzambulanz kooperiert werden, um eine noch effektivere Behandlung zu gewährleisten.

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